Ich kenne niemanden, der freiwillig gerne krank ist. Der Freude daran
findet, in bequemer Gammelkleidung Zuhause dahin zu vegetieren, sich von
Hühnerbrühe, Tee und pharmazeutisch nicht gerade hilfreichen aber angepriesen
effektiven und absolut ekelhaft schmeckenden Medikamenten zu ernähren. Sich zu
allem Überfluss von langweiligem und niveaulosen Fernsehprogramm unterhalten zu
lassen und ständig in diversen Statusmeldungen und besorgten Telefonanrufen
mitzuteilen, wie sich die Körpertemperatur gerade anfühlt. Doch dies ist nicht das schlimmste. Nicht einmal
die Erkrankung und die schmerzhaften Symptome. Nein. Das schlimmste ist die
frühmorgendliche Nachricht an die Arbeitskollegen oder den Chef. Die Nachricht,
in der man offiziell kundtut, man lebt auf der schwachen Seite der Menschheit. Denn
in der heutigen Arbeitswelt hat man nicht mehr krank zu sein. Und wenn doch,
sollte man sich zusätzlich zur Erkrankung auch gewissenstechnisch wirklich
schlecht fühlen. Statistisch quält sich somit fast jeder 3te mit deutlichen
Krankheitssymptomen zur Arbeit, obwohl er ins Bett gehört. Montags sogar jeder
2te. Auch die Pharmaindustrie macht sich diesem Halbtotindiearbeit-Trend zu
Nutze und investiert mehr in Medikamente und Produkte welche einen schnellen
Heilungsprozess oder gar eine
Unterdrückung der Symptome fördern. Nur zu welchem Nutzen? Ein kranker
Mitarbeiter nutzt mir weniger als ein gesunder. Er kann mir nicht die erwartete
Leistung bringen und steckt mir wohlmöglich noch den Rest der Kollegen an, was
zur Folge hat, dass es noch mehr halbkranke oder gar richtige
Krankheitsausfälle gibt. Also wozu der Druck und das Gerede hinter
vorgehaltener Hand? Für mich unverständlich. Ich sage immer keiner im
Unternehmen ist so wichtig, dass er nicht auch mal krank sein kann. Ausserdem
ermöglichen sich dadurch völlig neue Perspektiven. Manche Kollegen müssen
dadurch Tätigkeitsbereich übernehmen, die sie vorher nicht kannten (oder nicht
kennen wollten) und erkennen dadurch, was der Kollege überhaupt leistet oder
sogar: dass ihnen diese Tätigkeit auch zusagt! Der Chef erkennt wohlmöglich,
dass Kollegen effizienter arbeiten, wenn Personal ausfällt und das wiederum
gewährleistet ihm, dass es so auch geht. Klar gibt es immer welche, die das
System ausnutzen, das lässt sich wohl nicht vermeiden. Alles in allem bleibt es
jedoch eine schwierige Angelegenheit und ich bin gespannt, wie es in der
Zukunft aussieht. Wer dann das schlechte Gewissen ertragen muss... wünsche allen von Herzen eine gute Besserung!
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